Das Haus Ecke Selhofer-/Schulstraße wird um 1700 im üblichen Fachwerk erbaut, wahrscheinlich schon als Gasthaus, aber ohne Saal und Anbauten. Die Grundmauern wurden vermutlich über einem ehemaligen Fränkischen Hof errichtet – eine entsprechende Mauer ist heute noch sichtbar. Die ersten Besitzer: 1746 sind es die Eheleute Anton Rings und Agnes Gent, ihr Sohn Peter Rings führt das Gasthaus weiter. Um 1794 entsteht der Anbau. Der Gastraum wird dadurch verdoppelt, etwa auf die heutige Größe. Nach hinten heraus entstehen noch Stall, Scheune, Kelterhaus, Backstube und ein kleiner Tanzsaal. Weil die Eheleute kinderlos bleiben, muss das Haus versteigert werden. Nathan Isak bekommt den Zuschlag und verkauft 1841 weiter an den Maurer, Winzer und Wirt Wilhelm Reins. 1884 gibt er Haus und Lokal weiter an seinen Sohn Peter Josef Reins, der den Tanzsaal restaurieren und 15 Jahre später komplett umbauen lässt. Nach dem Tod von Peter Josef führt seine Gattin, die Frau Wwe. Peter Josef Reins, den Betrieb weiter. Als Wirtin wird sie zur großzügigen Förderin des 1907 gegründeten Turnvereins. „Tant Nett“, wie sie alle nennen, spendet nicht nur, auch dürfen alle Sportgeräte im angrenzenden Saal aufgestellt werden, dem Raum für größere Feierlichkeiten: Neujahrsball, Fast­nachts­ball, Stiftungsfest, Rekruten-Abschiedsball, Kirmesball. 1908 erwirbt ­Peter Hoffmann das Gebäude als neuer Wirt. Optimistisch lässt Hoffmann schon ein Jahr später den alten Saal abreißen und in doppelter Größe neu aufbauen mit Platz für nunmehr 442 Gäste. Siege werden natürlich auch gefeiert, zum Beispiel im Juni 1914. Der damals 17 jährige Wilhelm Pin­necke, der spätere Kommunist mit politischer Karriere bis in den Reichstag, gewinnt beim Gauturnfest in Köln für eine „Sondervorführung Freiübungen“ den beachtlichen zweiten Preis. Im ­Februar 1914 kommt Fritz Kaiser mit Frau Sybille aus Köln-Nippes. Der Sohn von Fritz und Sybille, Friedrich Matthias Kaiser, übernimmt mit seiner Frau Katha­rina Antweiler, die alle nur „Kaisers Kät“ nennen, den Gasthof. Dieses Ehepaar Kaiser erlangt Kultstatus in Selhof. Die zwei sind nicht wegzudenken aus der Vereins- und Kneipenkultur Selhofs. Fast alles ist geblieben „wie früher“: Der Holzboden im Saal mit den Befestigungsstellen für die Turngeräte, die Wandverkleidung, die Bilder. Und das Kanonenöfchen. Alles historisch. Die Tradition wird gewahrt von Maria Zapla (geborene Kaiser), der jetzigen Wirtin im ältesten Gasthaus Selhofs, das aus einer Karnevalslaune heraus immer noch als „Kurhaus Kaiser“ bekannt ist.

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